Allmählich wurde es echt absurd. Als wir den Bus nach Colon bestiegen, lief dort natürlich flotte Musik. Heidi saß noch nicht richtig auf ihrem Platz, da fragte sie schon den Fahrer, ob er die Musik nicht leiser drehen könnte – was dieser selbstverständlich geflissentlich ignorierte. Aus Protest bastelte sich Werner aus einem Papiertaschentuch ein Paar Ohrstöpsel – als wenn das einen interessiert hätte. Noch peinlicher ging es kaum!

In Colon gab es zwei Häfen: im Westen Cristobal, den Seaboard bisher benutzte, und im Osten Manzanillo, den Seaboard seit kurzem anlief. Abgesehen davon, dass die Hafengebühren in Manzanillo mehr als dreimal so hoch wie in Cristobal waren, war der Umzug nur halbherzig gemacht. Das Büro hatte Seaboard nach Manzanillo verlegt, aber dort gab es keine Bank, sodass man zum Bezahlen des Flat Racks nach Cristobal und somit quer durch die Stadt musste. Im Folgenden die Beschreibung, was alles zu erledigen war:

  1. Manzanillo: Im Büro von Seaboard eine Kopie der Bill of Lading mit dem zu zahlenden Preis abholen
  2. Cristobal: Bei Citi Bank den Betrag bar einzahlen und den Einzahlungsbeleg mitnehmen
  3. Colon Zentrum: Im Einkaufszentrum Colon 2000
    • bei Seguros FEDPA S.A. eine Autoversicherung für 30 Tage abschließen und die Police in dreifacher Ausfertigung bekommen
    • im Supermarkt je drei Kopien von: Reisepass, Einreisestempel, Fahrzeugschein, Führerschein machen
  4. Manzanillo: Im Büro von Seaboard den Einzahlungsbeleg abgeben und das Original der Bill of Lading in dreifacher Ausfertigung abholen
  5. Zona Norte: Bei der Aduana – Control de Vehiculos – die temporäre Einfuhr des Fahrzeugs beantragen; dazu wird
    • je ein Exemplar von Bill of Lading, Versicherungspolice, Kopie Reisepass / Einreisestempel / Fahrzeugschein / Führerschein gebündelt
    • ein Antrag für die Genehmigung zur Einreise mit einem Fahrzeug erstellt (macht die Sekretärin für $5) und je eine Ausfertigung dazu geheftet
    • der Antrag geprüft und das Dokument der temporären Einfuhr erstellt und je eine Ausfertigung dazu geheftet
    • eines der Exemplare einbehalten; ein weiteres Exemplar bekommt der Hafen und das dritte muss beim Verlassen von Panama abgegeben werden
  6. Manzanillo: Im Büro von Seaboard eine Mail abholen, in der die Hafengebühren aufgelistet sind
  7. Manzanillo: Bei der Aduana (unter dem blauen Baldachin) das zweite Exemplar der Dokumentation abgeben und einen Stempel bekommen
  8. Manzanillo: Bei Supercont das Entladen des Containers beantragen und einen Stempel bekommen
  9. Manzanillo: Beim Schalter Almacenaje die Hafengebühren bar bezahlen und einen Stempel bekommen
  10. Manzanillo: Beim Schalter Aduana einen letzten Stempel bekommen, dass das Fahrzeug abgeholt werden kann
  11. Manzanillo: Zum RoRo-Bereich des Hafens laufen und einen Angestellten das Fahrzeug bringen lassen (man MUSS die Fahrzeugschlüssel abgeben)
  12. Manzanillo: Nach Inspektion durch den Zoll darf man selber das Fahrzeug durch eine Desinfektions-Schleuse aus dem Hafen fahren
  13. Fertig!

Eigentlich ein einfacher Ablauf und wir waren gegen 9:30 Uhr im Büro von Seaboard, um die Fahrzeuge aus dem Hafen zu holen. Das Problem war, dass wir insgesamt fünf Taxifahrten machen mussten und jedes Mal durch die Rushhour. So verbrachten wir locker zwei Stunden in Taxis und als wir gegen 16:00 Uhr die Hafengebühren zahlen wollten, hieß es, dass der Schalter seit 15:00 Uhr geschlossen sei. Daher blieb nichts anderes übrig, als in Colon ein Hotelzimmer zu nehmen und am Samstag um 8:00 Uhr mit Schritt 7. weiter zu machen. Wir dachten nämlich, dass nach Schritt 6. die Hafengebühren bezahlt werden konnten und erfuhren erst am nächsten Morgen, dass noch zwei Stempel fehlten, bevor wir zahlen konnten.

Zum Glück hatten wir am Freitag begonnen! Am Wochenende waren nämlich die Banken geschlossen (siehe Schritt 2.) und von Samstag 12:00 Uhr bis Montag 8:00 Uhr waren sämtliche Schalter im Hafen zu. So schafften wir es gerade und ich hatte am Samstag um 12:00 Uhr endlich wieder Glubschi in meinen Händen. Zwar total verdreckt von der Salzluft und dem Ruß der Schiffsmotoren, aber unbeschädigt.

Die originale Bill of Lading mit allen Stempeln die wir benötigten
Colon